Klaus-Dieter Schmidt

REISEN I

Vor dem Motiv

REISEN II

Skizzenbücher

REISEN III

Atelierarbeiten

TEXTE

 

KONTAKT

Impressum

Textstellen über die Kunst von Klaus-Dieter Schmidt

------------------------------------------------------------------------

 

... So wundert es nicht, dass sich Klaus-Dieter Schmidt seit Jahren immer wieder dem Thema Natur stellt. Das hat zunächst einen recht pragmatischen Grund: Sie ist ihm Inspirationsquelle. Die meisten Motive, die sich in seiner Kunst finden, gehen von der Natur aus. Er geht in die Welt, sammelt Eindrücke, Ansichten, Panoramen. Er begegnet der Landschaft von Chile oder dem Gebirge von Carrara und verarbeitet das Gesehene künstlerisch. Doch Klaus-Dieter Schmidt ist kein Chronist, der das Vorgefundene dokumentiert. Er will auch nicht allein eine Stimmung wiedergeben, auch nicht seine eigene Befindlichkeit, durch die hindurch er einen bestimmten Moment, eine Atmosphäre erfährt.

Klaus-Dieter Schmidt geht es um formale Fragen. So gibt er die imposante Gewalt, die rohe Härte der Steinbrüche von Carrara als scharfe, tektonische Komposition wieder, die mitunter den Bereich des bloß Wiedererkennbaren verlassen und ins Abstrakte übergehen.

Der Lärm der Maschinen wird vom schnellen Rhythmus der Formen aufgegriffen, das Szenario wird umgewandelt in eine fast musikalische Komposition der Linien, Kanten, Brechungen. Die spezifische Landschaftssituation erscheint als Architektur, die wie Musik für das Auge ist mit leisen Tönen und lauten Klängen, mit Geräuschen, Schlägen und einem peitschenden Takt. Die Natur gibt den Rhythmus, die Lautstärke, die Töne der Farben vor....

...Immer wieder finden sich Figuren in den Bildern von Klaus-Dieter Schmidt, Wesen, die in der sie umgebenden Natur aufzugehen scheinen, die häufig verloren und verlassen, auch eingesperrt sind in die Enge ihrer Existenz. Die Naturkomposition wird hier zur Metapher für das Sein an sich.

... Immer wieder löst sich Klaus-Dieter Schmidt von der Wirklichkeit. Die Motive wählt er dann aus dem Fundus seiner Erinnerung aus, verändert sie gemäß seines eigenen Formwillens, collagiert Fremdmaterialien oder ergänzt Elemente aus anderen Kontexten, wodurch der künstlerische Prozess selbst in den Vordergrund tritt und sich als kreatives Experiment zu erkennen gibt... Seine Kunst ist ein Reflex auf die Wirklichkeit - bis hin zur völligen Befreiung vom Wiedererkennbaren...

 

Adrienne Braun, Reflex auf die Wirklichkeit, 1999. Aus dem Katalog Klaus-Dieter Schmidt - Werkgruppen 1989-99

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

 

... Die Landschaften und Städte des Südens - Marokko und Italien, Griechenland und Andalusien, auch Bolivien, Chile, Peru - sind es, die den Maler Klaus-Dieter Schmidt faszinieren, die er immer wieder bereist. Er liebt die Kargheit der Wüste, das gleißende Licht der Mittagssonne auf der mediterranen Landschaft, die Tektonik einer Gebirgsformation. Gern arbeitet er an Ort und Stelle, das Papier auf ein Brett gespannt, reagiert vor der Natur auf Töne und Strukturen, erfasst zeichnerisch die ihn umgebende Situation. Wo dies nicht möglich ist, führt er zumindest ein Skizzenbuch bei sich und die Kamera...

... Eine "naturgetreue" oder auch nur wirklichkeitsnahe Wiedergabe darf man weder vom Malen noch von der zeichnerischen oder fotografischen Dokumentation vor Ort erwarten; auch der aufmerksame Reisende bleibt immer ein kreativer Künstler, dem eine marokkanische Oasen-Siedlung vor dem Atlasgebirge oder eine zufällige Ansammlung von bunten Gegenständen zum abstrakten Bild gerät....

... Die Spuren von Menschen in der Natur, der Übergang von Gebautem in Landschaft sind die Themen, die Klaus-Dieter Schmidt virtuos bearbeitet: in Acrylgemälden, wenn die Farben grell und kontrastreich leuchten sollen, oder in gedeckten Federzeichnungen, Ton in Ton mit Tusche laviert. Bestimmt von Sujet und jeweiligem Eindruck nähert er sich der wahrgenommenen Wirklichkeit an oder entfernt sich von ihr.

 

Irene Ferchl, Vom Reisen, 2001. Aus dem Katalog zu einer Ausstellung in der Schurwaldhalle Aichwald.

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

 

... Wie schon erwähnt spielt Schmidt in den um 2011 entstandenen Arbeiten zum Teil lustvoll mit eigenem grafischen Material in Form von Tiefdrucken, die er als Reservoir grafischen Materials recycelt. Das ist oft sehr ästhetisch und grafisch reizvoll, ob man es wie er selbst als dekorativ bezeichnen will, lasse ich dahingestellt. Die entstehenden Kompositionen (Collagen) sind jedenfalls Ergebnis eines formalen Spiels, in dem der Künstler Ordnung aus dem Chaos des vorgefundenen Materials schafft. Für ihn sind die Blätter in dieser Ausstellung der erwähnte dekorative Gegenpol zu den Figurenbildern, die eher inhaltlich motiviert sind.

Inhaltlich heißt allerdings überhaupt nicht, dass die Themen realistisch sind, die er in der Serie "Notturno" seit Jahren umkreist. Vor mehr als zehn Jahren begonnen wachsen der Serie immer wieder neue Ergänzungen zu. Es sind meist Szenerien ohne realen Anlass, diese Nachtstücke

- Bilder einer erzählerischen Phantasie, die aber auch nicht wirklich erzählerisch sind. Szenerien auf Raumbühnen, die Traumbühnen sein könnten, nächtliche Bilder insofern, als sie Träumen oder halb bewussten Visionen gleichen...

 

HP Schlotter aus seiner Rede zu einer Ausstellung in der Galerie Interart, Stuttgart, 2014

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

 

.... Die wohl phantastischsten Bilder dieser Ausstellung aber sind die großen querformatigen Bilder der Serie "Notturno"... Ein Notturno oder Nocturne ist ein Nachtstück, auch eine Nachtmusik oder ein Nachtgebet. Bei Schmidt ist es die schwül-erotische Nacht eines Liebespaares, das sich stets in einem großen, unbestimmten Binnenraum seiner Beschäftigung hingibt. Diese Räume haben etwas Bühnenähnliches: Gerüste, Rampen, Leitern, Treppen, Rund- und Dreiecksportale und Bogenpfeiler, auch eine gläserne Glocke sind erkennbar, fügen sich aber nicht zu einem realen Raumeindruck. Das Paar, in einem Fall auch die erwartungsvoll liegende Frau, sind nie allein, sie erscheinen wie von einem Spotlight angestrahlt. Assyrisch wirkende Wachen marschieren auf, Hundemeuten umlauern das Liebeslager oder stürzen sich sogar auf die Liebenden, die aber keinen Blick für ihre un-heimliche Umgebung haben. Das Ganze wirkt ein wenig so, als habe Schmidt die Intimität einer Liebesnacht in die Schreckenskabinette des eingangs erwähnten Giovanni Battista Piranesi verlagert.

Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir in diesen Nocturnes auf die Leinwand gebannte Traumvisionen vermuten, die der Künstler aber nicht in einer kathartischen, d.h. sich reinigenden, entlastenden Absicht gemalt hat. Vielmehr hat er sich durchaus lustvoll dem" freien Spiel der Vorstellungskräfte" hingegeben, wie Immanuel Kant in seiner "Kritik der Urteilskraft" den "ästhetischen Gemütszustand" begründet.

Ich sehe in diesen phantastischen Nocturnes einen Grad künstlerischer Freiheit erreicht, der sich von allen moralischen, gesellschaftlichen, auch ästhetischen Geboten gelöst hat, und der uns Betrachtern einen wunderbaren Kosmos spielerisch-freier Assoziationen eröffnet.

 

Prof. Dr. A. Leuteritz aus seiner Rede zu einer Ausstellung in der Städtischen Galerie Filderstadt, 2007

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

 

"Ich studiere noch immer vor der Natur, und mir scheint, ich mache langsam Fortschritte." Dies gestand Paul Cézanne einen Monat vor seinem Tod, im Alter von 67 Jahren, einem jüngeren Kollegen. Und an anderer Stelle sagt er: "Um Fortschritte zu machen, gibt es nur die Natur, im Kontakt mit ihr wird das Auge erzogen." Und: "Nach der Natur malen, heißt nicht, das Vorgegebene kopieren, es heißt, die eigenen Sinneseindrücke zu realisieren."

Dies Äußerungen liegen beinahe hundert Jahre zurück, und man fragt sich: besitzen sie auch heute noch Gültigkeit? Kann man im 21. Jahrhundert als ernst zu nehmender Künstler noch "nach der Natur" malen? Sich die Landschaft zum Sujet wählen?

Wie Sie in dieser Ausstellung sehen, kann man dies sehr wohl - wobei nach der Natur malen selbstverständlich nicht Abbildung bedeutet, genauso wenig wie schon damals bei Cézanne. Vielleicht besitzt das Thema Natur in unserer Epoche wachsender Entfremdung von ihr sogar einen größeren Stellenwert. Natur heißt bei Klaus-Dieter Schmidt Landschaft, er gebraucht die Begriffe synonym und sagt von sich: er liebe die Natur, er brauche die Landschaft als Stimulans...

 

Irene Ferchl aus ihrer Rede zu einer Ausstellung in der Kanzlei Hauser-Hübner-Hawelka in Stuttgart, 2004

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

 

...Der Maler stellt ein zweckfreies aber sinnvolles Ordnungsgefüge her. Er organisiert auf der Fläche. Eine Farbe, eine Form, das ist noch vergleichsweise einfach; zwei, drei, viele. da wirds schon schwieriger, denn das Ordnungsgefüge soll so vielen Ansprüchen gerecht werden. Wieviel wovon? ist die Dauerfrage, die sich der Künstler selbst zu beantworten sucht.

Und jetzt mögen Sie auch verstehen, dass ein Zeichner und Maler, wie Klaus-Dieter Schmidt, der seit 30 Jahren zeichnend und malend der Welt schon vieles abgewonnen hat, auch Interesse an diesem Ordnungsgefüge hat, das er auf seiner Mal- oder Zeichenfläche veranstaltet, jenseits der reinen Abbildung.

Vieles geht vom Gesehenen aus und wird transponiert, wird auf der Bildfläche realisiert. Das, was sein Sinn ist, drückt sich für den Künstler in seiner Wahl dieses oder jenes Ausgangspunktes aus. Da er selbst wählt und dosiert, ist der Sinn der Mitteilung für den Künstler integriert in ihm selbst und in der aus ihm kommenden Wahl. Klaus-Dieter Schmidt interessiert sich für das, was er sieht und wie er es auf der Bildfläche realisiert....

 

Albrecht Vogel aus seiner Rede zu einer Ausstellung im Kulturkreis Sulzfeld, 2001

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

 

Ich begleitete - und begleite - Schmidts Weg stets mit hoher Wertschätzung... Schmidts Konflikt zwischen Beruf und Berufung, Innenleben und Aussenwelt - wem bleibt er gottseidank oder leider erspart! - hat seine Problemstellung auf beste Weise aktiviert und profiliert und ist ihm zur klärenden Verpflichtung geworden, eine Synthese von Erlebnisbild und Denkbild anzustreben, ohne dabei seine individuellen Mittel und Möglichkeiten gewaltsam zu forcieren oder seinen Instinkt für Disciplin mutwillig zu überspringen.

Dieser nicht nur aesthetische Anspruch und Ordnungswille, der Inhalt und Form zur Deckung zu bringen sucht, entspringt einem Wunsch und Drang nach Mass oder nach - Herrgott, wer hat eigentlich zu verbieten, ein Urphänomen unbefangen genau zu benennen?! - also ja, nach: "Schönheit". Nicht nach der geschminkten, verlogenen, also unerlaubten, sondern nach jener strengen, unbequemen Schönheit, die ihr Gegenteil mit einbezieht, die angeboren sein kann und muss, und deshalb ebenso notwendig, berechtigt und überzeugend ist, wie das echte, wenn auch heute überbetonte Revolutionäre, Emotionale, Anklägerische, Politisierte, Utopische (dem ja übrigens seinerseits auch wahre "Schönheit" immanent sein kann).

Ob Schmidt seine künstlerische Kontinuität weiter verdichten kann oder später innerlich gezwungen sein wird, auszubrechen, das sind voreilige Schicksalsspekulationen. Seine selbstkritische, nachdenkliche, verantwortungsvolle Verhaltenheit ist zunächst ein legitimer Schutz und wird sein selbständig erworbener Kompass bleiben.

Eh bien: schwätzen ist leicht, machen schwer...

 

Prof. Gunter Böhmer in einem Brief anlässlich einer Ausstellung in der Galerie Fischinger in Stuttgart, 1979